Der junge Carlo Scarpa führt zuerst für Giacomo Cappellin und dann für Paolo Venini das Glas aus Murano zurück an den Puls der Zeit. Carlo Scarpa war ein einflussreicher italienischer Architekt, der für seine sensible Herangehensweise an Architektur, Ausstellungskonzeption und Glaskunst bekannt war. Carlo Scarpa, ein Grenzgänger zwischen Design und Architektur, hinterlässt ein beeindruckendes Lebenswerk.

Carlo Scarpa

* 1906, Venedig - † 1978, Sendai, Japan

Frühe Jahre und Einflüsse:

  • Carlo Scarpa wurde in Venedig geboren. Er zog mit seiner Familie im Alter von drei Jahren nach Vicenza.
  • Seine Mutter, eine Schneiderin, und sein Vater, ein Lehrer, förderten schon früh sein Interesse an Zeichnen, Kunst und Literatur.
  • Nach dem Besuch des technischen Instituts Andrea Palladio kehrte Scarpa nach dem Tod seiner Mutter 1919 nach Venedig zurück.
  • An der Accademia di Belle Arti di Venezia studierte er zunächst Grafik und Kunstgeschichte, bevor er sich der Architektur zuwandte.
  • Geprägt wurde er von seinem Architekturprofessor Guido Cirilli.

Der junge Scarpa und die Glaskunst:

  • Scarpas Karriere begann 1925 mit einem Auftrag des Kunsthändlers und Glasunternehmers Giacomo Cappellin, den Palazzo da Mula in die Cappellin Firmenzentrale umzugestalten.
  • Diese Zusammenarbeit weckte Scarpas Leidenschaft für Glas und führte zu weiteren Projekten für Cappellin, darunter Ladengestaltungen in Florenz und Paris, sowie vor allem zu ersten Glasentwürfen für Cappellin, die auf der Biennale präsentiert wurden.
  • Nach dem Konkurs von Cappellin im Jahr 1932 wechselte Scarpa zu Paolo Venini und wurde dort 1934 künstlerischer Leiter.
  • Unter Scarpas Leitung wurde den klassischen Qualitätsmerkmalen des Glases auf Murano, wie Transparenz, Filigranität und Verspieltheit plötzlich eine geringere Bedeutung zu Teil. Die Formen wurden schlichter, die Dekore graphischer, die Gefäße archaischer. Diese Art der Glasgestaltung war in  Zeiten der Ressourcenknappheit erfolgreich und fand schnell Nachahmer in weiteren Manufakturen auf der Insel.
  • Scarpas Entwürfe harmonierten perfekt mit Veninis ästhetischen Vorstellungen, was zu renommierten Aufträgen führte, wie beispielsweise einer repräsentativen Tischdekoration für den Rektor der Universität Padua im Jahr 1943.

Von der Glaskunst zur Architektur:

  • Parallel zu seiner Tätigkeit für Venini widmete sich Scarpa zunehmend der Architektur und Inneneinrichtung.
  • Er gestaltete die Häuser des venezianischen Galeristen Feruccio Asta, sowie Cafés und Ladeneinrichtungen, darunter ein Geschäft für Olivetti (1957) in Venedig.
  • Scarpa entwickelte sich zu einem Grenzgänger zwischen Design und Architektur und erlangte insbesondere als Gestalter von Ausstellungsarchitekturen Anerkennung.
  • Zahlreiche bedeutende Ausstellungen, darunter „Oreficeria veneziana“ (Venedig), „Giovanni Bellini“ (1949), „Toulouse-Lautrec“ (1952) und die Umgestaltung der Scaligerburg Castelvecchio in Verona (1956-1964) in ein Kunstmuseum zeugen von seinem innovativen Ansatz.

Lehrtätigkeit und Spätwerk:

  • Obwohl Scarpa kein Architekturstudium im klassischen Sinne absolviert hatte, wurde er 1933 Lehrbeauftragter und 1962 Professor an der IUAV in Venedig.
  • Erst ein Gerichtsurteil im Jahr 1965 bestätigte seine Tätigkeit als Architekt offiziell.
  • Von 1962 bis 1978 prägte er als Professor für Innenarchitektur und Rektor des Istituto Superiore di Architettura Generationen von Architekten und Designern, darunter auch seinen Sohn Tobia Scarpa, der später ebenfalls für Venini arbeitete.
  • Zu Scarpas bekanntesten Werken zählen der Bestattungskomplex Tomba Brion (1970-1978) und der Sitz der Banca Popolare di Verona.
  • Die Tomba Brion, ein Meisterwerk, das maurische, ägyptische, europäische und japanische Elemente verbindet, zeugt von Scarpas einzigartiger Fähigkeit, Architektur und Landschaft zu vereinen.

Carlo Scarpa starb 1978 im Alter von 72 Jahren an den Folgen eines Sturzes in Sendai, Japan. Sein Grab befindet sich auf dem Gelände der von ihm entworfenen Tomba Brion in San Vito d’Altivole. Carlo Scarpa hinterlässt ein beeindruckendes Lebenswerk, das von seiner tiefen Verbundenheit zu Handwerkskunst und Architektur geprägt ist.

Objekte

Vase „Transparente“ MVMCappellin
Vase „sommerso a bollicine“ Venini
Vase „sommerso a bollicine“ Venini